Mittwoch, 27. Januar 2021

Residenzschloss Ludwigsburg | Allgemeines Wattierte Unterröcke und dicke Mützen: Winter im Schloss in früheren Zeiten

Wer denkt, dass der Winter im Residenzschloss Ludwigsburg von der herrschaftlichen Familie als eine besonders gemütliche Jahreszeit empfunden wurde, täuscht sich sehr. Die riesigen Räume waren kaum zu heizen, es war zugig – und es blieb kalt, auch wenn die Dienerschaft Unmengen von Holz in den Öfen verfeuerte.

IM WINTER NACH STUTTGART ODER NACH LUDWIGSBURG?

Das Schloss in Ludwigsburg war anfänglich nur für den Aufenthalt im Sommer gedacht, als Residenz im Winter sollte Herzog Eberhard Ludwig und den nachfolgenden Regenten eigentlich das Alte und später das Neue Schloss in Stuttgart dienen. Aber – die zeitgenössischen Bewohner waren daran gewöhnt, dass es in den Räumen nicht besonders warm wurde: Man sorgte mit warmer Kleidung und mit anderen Hilfsmitteln vor. Dass man die Unwirtlichkeit aber spürte, das zeigt unter anderem das Privatappartement, das Herzog Carl Eugen in den 1760er-Jahren im zweiten Obergeschoss einrichten ließ: Hier sind die Räume kleiner, niedriger – so konnte man sie viel leichter heizen.

 

MASSNAHMEN GEGEN DAS FRIEREN

Die Hauptmaßnahme gegen das Frieren war auch damals das Heizen. Aber nur die Zimmer der herrschaftlichen Familie waren mit offenen Kaminen und mit Kachelöfen ausgestattet. Der Trick: Alles war von den sogenannten Dienerschaftsgängen aus zugänglich. So konnte das Holz diskret über Heizungsschächte von außen nachgelegt werden, die eleganten Schlossräume blieben sauber – und die herzogliche Gesellschaft blieb ungestört vom Heizpersonal. Man weiß aus den Dokumenten, in denen das Wirtschaften im Schloss, die Lieferungen und die Ausgaben festgehalten wurden, dass man Unmengen von Holz brauchte, oft über die Flößerverbindung aus dem Schwarzwald hergeschafft.

 

HEIZEN ALLEIN REICHTE NICHT
Aber richtig warm wurde es trotzdem nicht. Die Zimmerdecken in den fürstlichen Räumen waren viel zu hoch; die großen Fenster waren vor allem elegant und sorgten für einen guten Eindruck. Dicht waren die einfachen Glasfenster nicht – und insgesamt war der gesamte Bau schlecht isoliert, kalt und zugig. Da das Heizen nicht ausreichte, um den Winter zu überstehen, gab es noch weitere Möglichkeiten, der Kälte zu trotzen: Zusätzliche Fenster wurden vor die Sprossenfenster gehängt, Teppiche ausgelegt und die sommerlichen Seidentapeten durch wollene Wandbehänge ersetzt.

 

EIS AUF SUPPE

Die Herrschaften selbst hüllten sich in wärmende Kleidung, etwa wattierte Unterröcke und Morgenmäntel. Mützen aller Art, wollene Schals und Umlegetücher waren keineswegs nur modisches Statement! Fußwärmer halfen gegen kalte Füße und Schemel mit Polster aus Wollstoffen hielten die Füße vom kalten Boden fern. Heiße Getränke wie Kaffee oder Schokolade – und vor allem alle Arten von Punsch – sollten die kalten Tage erträglicher machen. Trotz aller Hilfsmittel blieb es frostig: So berichtet etwa Wilhelmine von Bayreuth, die Schwester des Preußenkönigs Friedrichs des Großen, in ihren Memoiren, dass es am Hof in Berlin so kalt wurde, dass die Suppe auf dem Tisch eine Eisschicht hatte. Auch wenn aus dem Residenzschloss solche Geschichten nicht überliefert sind – ganz anders wird es auch in Württemberg nicht gewesen sein.

 

BIS HEUTE ZENTRALHEIZUNG IN DER BELETAGE

Schloss Ludwigsburg ist nach wie vor in seinen Beletageräumen ohne moderne Heizung. Weil heute niemand mehr in den herzoglichen und königlichen Räumen lebt, passen sich die Schlossmauern auch jedes Jahr ganz langsam an die Temperatur der Jahreszeiten an. Die Ausstattung ist den allmählichen Wechsel gewöhnt. In früheren Jahrzehnten wurde im Winter für offizielle Anlässe gelegentlich die Temperatur schnell mit mobilen Heizungen nach oben getrieben –  die historischen Materialien in Schloss reagierten darauf empfindlich und die kostbare Ausstattung litt. Seit der großen Schlosssanierung vor 20 Jahren sind sämtliche Museen klimatisiert und heizbar. Die gigantische Technik, die dafür nötig ist verbirgt sich im Boden unter dem Schloss, in weitläufigen Heizgängen und Gewölben. Die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg bieten immer wieder Führungen „in die Eingeweide des Schlosses“ an – und die Termine sind begehrt.

 

INFORMATION

Aktuell ist das Residenzschloss Ludwigsburg wie alle Monumente der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg sowie Kultur- und Freizeiteinrichtungen des Landes mindestens bis zum 15. Februar 2021 geschlossen.

www.schloss-Ludwigsburg.de

www.schloesser-und-gaerten.de

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