„Insgesamt genommen bot das Jahr 2021 ein noch engeres Zeitfenster für die Monumente, um die Besucherinnen und Besucher zu erreichen. Es war damit ein weiteres schwieriges Jahr, insbesondere in der ersten besucherstarken Jahreshälfte. Wir haben aber Erstaunliches geleistet, um für die Gäste ein Maximum an Erlebnis unter sicheren Bedingungen zu ermöglichen – das erforderte absolute Maßarbeit in den historischen Monumenten“. So fasst Michael Hörrmann rückblickend das Jahr 2021 in den Monumenten des Landes zusammen. Erst im März und April letzten Jahres war es unter Corona-Bedingungen wieder möglich, unter strengen Vorsichtsmaßnahmen die ersten Besuchsmonumente zugänglich zu machen – zu allererst die großen Gärten. Bis zum Sommer gelang es, jeweils an die örtliche Situation der Monumente angepasst, das Besuchserlebnis für die Gäste fast schon dem Normalbetrieb anzunähern. Im Herbst kam mit den wieder ansteigenden Infektionszahlen die erneute Einschränkung.
Dazu kommt, dass fast sämtliche Großveranstaltungen das zweite Jahr in Folge aus dem Programm genommen werden mussten. Das betraf insbesondere die Open-Air-Konzerte und großen Feste und Märkte, für die die Schlösser, Klöster und Gärten bekannt sind. Sie ziehen vor allem im Sommerhalbjahr viele Tausend Menschen an und begeistern mit der besonderen Stimmung der historischen Kulissen. Im kurzen Zeitfenster des Sommers und Frühherbsts konnten dennoch einige ausgewählte Veranstaltungen durchgeführt werden: etwa als neues Format das weithin wirksame Fantasy-Festival „Annotopia“ im Außenbereich des Residenzschlosses Mergentheim und ebenfalls in Mergentheim ein Cross-Over-Konzert des SAP Orchesters. Im Schlossgarten Schwetzingen konnte die traditionelle Classic-Gala stattfinden. Im Freigelände der keltischen Stadt Pyrene auf der Heuneburg fanden Konzerte unter Corona-Bedingungen statt – und sogar ein „Keltentag“. Im UNESCO-Denkmal Kloster Maulbronn gelang es, den traditionellen Kräuter- und Erntemarkt im September unter strikten Hygiene- und Abstandsregeln durchzuführen. „Ein Maximum an Normalität unter möglichst sicheren Bedingungen beim Besuch herzustellen, hat die ganze Flexibilität der Verantwortlichen in den Monumenten gefordert“, erklärt Michael Hörrmann.
Alle Leitmonumente des nationalen und internationalen Tourismus hatten 2021 noch stärker als 2020 unter dem Besucherrückgang zu leiden. Nur Kloster und Schloss Salem konnte die Zahlen von 2020 halten. Kloster Maulbronn und Schloss und Schlossgarten Weikersheim konnten sie sogar wieder deutlich steigern. Im Welterbe Kloster Maulbronn stieg die Gästezahl 2021 im Vergleich zu 2020 um 28,2% auf 78.722, was rund einem Drittel der Vor-Corona-Zahlen entspricht. Schloss und Schlossgarten Weikersheim konnte die Gästezahl um 15,9% auf 48.890 Gäste steigern, was rund der Hälfte des Vor-Corona-Niveaus entspricht.
Kleine Lichtblicke boten 2021 gegenüber dem Vorjahr neben anderen Monumenten das Residenzschloss Mergentheim (Steigerung um 75,3% auf 18.381 Gäste), das Kloster Schussenried (Steigerung um 97,5% auf 21.678 Gäste), Kloster Lorch (Steigerung um 35,3% auf 19.596 Gäste), Barockschloss Mannheim (Steigerung um 39,6% auf 23.586 Gäste) und das Kloster Wiblingen (Steigerung um 80,0% auf 35.255 Gäste), Schloss ob Ellwangen (Steigerung um 21,9% auf 23.502 Gäste) und die Festungsruine Hohentwiel (Steigerung um 15,3% auf 40.097 Gäste).
Ebenso positiv ist, dass die Anzahl der Schulklassenführungen 2021 um 155,1% gegenüber 2020 gesteigert werden konnte, was 546 Schulklassenführungen entspricht.
Unabhängig von den Einschränkungen der Corona-Zeit ist es den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württemberg im letzten Jahr gelungen, die Monumente des Landes weiter in die Zukunft zu führen. Wesentliches Stichwort ist die digitale Erschließung der historischen Orte, um sie für heutige Besucherinnen und Besucher besser und zunehmend barrierefrei erlebbar zu machen. In Schloss Mannheim wurden gleich zwei markante Elemente in den Besucherbetrieb übernommen: eine komfortable Führungs-App für den individuellen Rundgang in den Schlossräumen und die digitale Rekonstruktion eines im Lauf der Jahrhunderte verlorenen kurfürstlichen Prunkschlafzimmers als Erlebnisraum. Mit einer aufsehenerregenden digitalen Rekonstruktion lockt seit letztem Jahr auch die Festungsruine auf dem Hohentwiel. Und auch bei den publikumsträchtigen Aktionen setzten die Staatlichen Schlösser und Gärten schon früh im Jahr auf hybride bis digitale Lösungen und erreichten mit dieser flexiblen Herangehensweise viele Menschen. Dazu gehörte die beliebte Valentinsaktion „Küss mich – im Schloss“, die sommerliche „Souvenirs“-Aktion, bei der die Gäste ihre persönlichen Erinnerungsfotos aus früheren Jahrzehnten teilen konnten, und der schon bewährte digitale Adventskalender.
Weiterentwickelt wurden auch die großen Restaurierungsprojekte der Staatlichen Schlösser und Gärten: die Königswohnungen im Residenzschloss Ludwigsburg und die gräflichen Repräsentationsräume, die „Schönen Gemächer“, in Schloss Weikersheim. Eine markante Entwicklung nahm die nachhaltige Pflege des Schlossgartens Schwetzingen, die das historische Gartenkunstwerk zugleich für die Veränderungen des Klimawandels ertüchtigen soll: Durch eine Gründüngung im Winterhalbjahr werden die belasteten und strapazierten Böden im Kreisparterre mit natürlichen Mitteln saniert. Dafür wurde im Herbst, anstatt die gewohnten Frühjahrsblüher anzupflanzen, Feldsalat ausgesät – ein ungewohntes Bild für die Besucherinnen und Besucher des berühmten Gartens und ein deutlicher Hinweis auf die neuen Herangehensweisen, die der Klimawandel erfordert. Eine erfolgreiche Bilanz ziehen die Staatlichen Schlösser und Gärten für ihr Themenjahr „Exotik – Fantasie und Faszination“. Das Thema wurde für die größte Institution des südwestdeutschen Kulturtourismus zu einer Gelegenheit, sich mit Sklaverei und Kolonialismus sowie ihren Spuren in der Geschichte der Monumente auseinanderzusetzen. Das digitale Forum „Fremde bei Hofe“, wissenschaftlicher Abschluss des Themenjahres als digitales Werkstattgespräch, fand viel Beachtung.